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Zwei wie ... (Aranjuez)

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Thereallobezno's avatar
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Nachdenklich kontrollierte Phas die Atmung der vor ihm ruhenden Waldelfe. Sanft strich er ihr eine blauschwarze Strähne aus dem verschwitzten Gesicht.
Steelsheen war vor Erschöpfung kollabiert.
Nachdem sie wohl ihren letzten Funken Sternenkraft aufgebraucht hatte, schlief sie jetzt fest und tief ihren wohlverdienten Schlaf der Gerechten. Hoffentlich fand sie in ihren Träumen die Zuversicht, nach der sie stets gestrebt hatte. Möge Bishdariel ihr hierbei wohlgesinnt sein.
Eng umschlungen hielt sie das grauschwarze Kätzchen, das von ihr so angetan gewesen und das ebenfalls mit ihr weggeschlummert war.
Der Halbelf küsste sie zärtlich auf die Stirn.
„Danke!“ Flüsterte er ihr mit absoluter Aufrichtigkeit zu.
Als er sich erhob, kämpfte er kurz mit dem Gleichgewicht und wurde es ihm schwarz vor Augen. Aber er ließ sich nichts anmerken.
Vor allem nicht vor Corberroi, die ihm gegenüber auf dem Stroh saß und ihn besorgt ansah.
Er schenkte ihr sein verführerischstes Lächeln. Oder versuchte es zumindest. Obwohl er sich sicher war, dass er nur eine Grimasse zustande gebracht hatte, erwiderte sie es mit einem faszinierenden Leuchten ihrer grün-goldenen Augen.
Sobald Phas einen verlässlichen Stand hatte, kontrollierte er die blutgetränkte Bandage am Oberarm. Mehrfach öffnete und schloss er konzentriert die linke Hand, bis er zufrieden nickte. Dann schlug er sich das Heu von den silbergrauen Hosen aus kräftigem Wollfilz und der dunkelblauen Leinenweste. Er sah zu Carlos Bonaventure hinüber.
Der im Heu liegende Almadaner atmete immer noch sehr schwach und wirkte dem Tod näher als dem Leben. Die blutverkrusteten, improvisierten Verbände verstärkten hierbei den Eindruck einer baldigen Leiche umso mehr.
Seltsam, dachte der Halbelf bei dem Anblick, dass gerade er mit dem sicheren Ableben seines besten Freundes gerechnet hatte. Aber eigentlich hatten ihn bereits alle schon aufgegeben. Da er sich förmlich für sie geopfert hatte und sie nur dank ihm lebend davon gekommen waren. Alle außer ...
Dankbar sah er erneut zu Steelsheen.
Er glaubte nicht, dass er ihr diese Schuld jemals begleichen könnte.
Denn Urzo der Bär atmete trotz allem immer noch. Und so fürchterlich die Verletzungen auch anzusehen gewesen waren, nachdem sie ihn aus der verschlissenen Rüstung gepellt hatten ... sie schienen gänzlich verheilt zu sein. Dass die zwei Kätzchen, das rostbraune und das grau-braun gemusterte, welche es sich auf seiner breiten Brust gemütlich gemacht hatten, jetzt darauf friedlich schliefen, verstärkte nur den Eindruck, dass das Gröbste wohl überstanden war.
Zumindest für Carlos.
Mit einem Schmunzeln verfolgte Phas das Zusammenspiel zwischen den rhythmisch zuckenden Schwänzchen und dem regelmäßigen Auf und Ab des Brustkastens des Mannes. Bis er sich mit einem erleichterten Seufzer losriss und sich der sorgenvoll dreinblickenden Frau zuwandte, die im Stroh saß und über der Elfe und dem Almadaner wachte.
„Er kommt durch. Ganz bestimmt.“ Beruhigte er sie. „Ansonsten braucht unsere unübertreffliche Steelsheen einzig und alleine genug Erholung. Wir können jetzt nichts mehr für die Beiden tun. Aber ich bin mir sicher, dass sie in Borons Händen zu ihrer alten Kraft zurückfinden werden.“
Corberroi nickte, ein schneeweißes Kätzchen weiterhin amüsiert streichelnd, während ihr auf der Schulter sitzender Rabe ihr irritiert zusah. Ebenso pikiert blickte ihr Vertrauter regelmäßig zu einem anderen Kätzlein, dass gerade mit dem Ende einer der Verbände um ihren linken Oberschenkel spielte.
„Es tut gut, dass zu hören.“
Sie entspannte sich sichtlich. „Nun, mein Fuchs, du hast mein Ehrenwort, dass ihnen hier nichts zustoßen wird. Ich werde sie wie meinen Augapfel behüten.“
„Ja Mädchen, das weiß ich.“ Antwortete der Halbelf zärtlich. „Und dafür werde ich dir ewig dankbar sein.“
Er bückte sich zu einem Kleiderstapel, nahm sich einen breitkrempigen Hut und setzte ihn sich auf. Seinen schwarzen Umhang warf er sich relativ vorsichtig um, verzog dabei trotzdem kurz das Gesicht vor Schmerz. Aber er ließ sich nicht beirren. Ignorierte beflissentlich den besorgten Blick Corberrois.
Als er sich jedoch nach dem Schwert beugte, hielt er inne.
Das schmerzhafte Pochen im linken Oberarm schien heftiger zu werden.
Der Griff der Waffe war immer noch blutverkrustet. Ihre Scheide stark beschädigt.
Was hatte er eigentlich damit erreicht?
Was konnte er womöglich damit erreichen?
Langsam erhob er sich wieder. Und zum ersten Mal in seinem Leben kamen Phas Zweifel.
So gut er auch im Schwertkampf sein mochte. Das, war nicht die Waffe, mit der er seinen letzten Schlag ausführen würde.
Zu frisch war noch die Niederlage, zu schmerzhaft die Erinnerungen daran. Erstmals musste sich der Halbelf verunsichert eingestehen, dass sein verehrter Herr Vater vielleicht doch recht gehabt haben könnte, mit seiner Aussage zu Klingen im Allgemeinen und der ganz speziellen, maßgeschneiderten Waffe insbesondere.
Sollte er schlussendlich daran scheitern?
Nein!
Er brauchte eine andere, bessere Waffe. Er würde …
Phas fuhr zu Carlos herum.
Was war mit der Klinge, die dieser bisher nicht zu ziehen gewagt hatte, weil er noch nicht wütend genug dafür gewesen war?
Er ging zurück zu ihm, kniete sich hin und nahm sich dessen Rapier. Ehrfurcht ergriff ihn, als er bemerkte, wie perfekt es ausbalanciert war. Das war wahrhaft ein ganz anderes Gefühl in der Hand. Ein kalter Schauer rann ihm den Rücken hinab. Diese Waffe war ein Meisterwerk.
So etwa hätte er Carlos Bonaventure echt nicht zugetraut. Steckte hinter seinem auffälligen Wissen über die Adelsgesellschaften Aldanas doch mehr, als es schien?
Er grinste den bärtigen Hünen freundschaftlich an.
„Kumpel, Du überrascht mich noch jedes Mal.“ Murmelte er, als er sich erhob.
Nun, Urzo der Bär würde dennoch sein Rapier in nächster Zeit nicht führen können.
Und eigentlich musste damit nach wie vor ein letzter, endgültiger Kampf bestritten werden.
Kurz zog der Halbelf die Waffe aus der Scheide, schwang sie respektvoll mit einer einzigartigen Eleganz und stieß sie dann entschlossen mit einem lauten Klacken zurück. Dabei fielen ihm die Schmiedemarke und das Familienwappen auf der Fehlschärfe über der Parierstange auf.
Geschmiedet von der Tochter Alejandro Cañadas de Soldano?
Verwirrt blickte er wieder zu Carlos.
Wie war dieser an eine derartige Klinge gekommen?
Wenn er sich nicht allzu sehr irre, war Alejandro Cañadas ein legendärer Meisterschmied, von dem es hieß, das seine atemberaubend schöne Tochter in Wirklichkeit ein Geschöpf der Dritte Sphäre sei. Beeindruckt starrte Phas Carlos an.
Agasul hätte für ein solches Rapier getötet.
Zärtlich strich er über den Handschutz der einzigartigen Waffe, als er sie sich umschnallte.
Wie auch immer … Tatsache war, dass eine wichtige Rechnung noch offen war.
Der Halbelf verneigte sich vor Carlos, nahm den Hut ab. „Wir, mein Bruder“, er deutete auf das Rapier, „werden in deinem Namen endgültig beenden, was schon zu lange diesen Ort verseucht und dessen Bevölkerung vergiftet. Ein für alle Mal!“
Dann atmete er tief durch und wandte sich der Leiter zu, die vom Dachboden der Scheune hinunter führte.
„Werden wir uns jemals wiedersehen?“ Fragte Corberroi traurig.
„Vielleicht … das wissen nur die Götter.“
Er sah noch einmal zu seinen schlafenden Freunden zurück. „Aber berichte ihnen, dass wir dieses Mal unsere Pflicht getan haben werden.“ Meinte er, als er ihre Hand zum Abschied küsste.
Für einen langen Moment hielt Corberroi sie fest. Man sah es ihr an, dass sie alles getan hätte, um den Halbelf am Gehen zu hindern.
Doch schlussendlich gab sie ihn mit einem schweren Seufzer frei. „Das werde ich. Möge Satuaria ein wachendes Auge über euch haben.“
Er lächelte matt. „Wir können jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen.“
Dann streichelte er noch ein letztes Mal das Kätzchen in ihren Händen und wandte sich endgültig ab, ging ohne sich umzusehen, zur Leiter. Ein aus tiefstem Herzen gehauchtes „viel Glück.“ Folgte ihm.
Der Abstieg vom Dachboden kostete Phas mehr Kraft, als er gedacht hatte. Dennoch nahm er jede Sprosse mit Entschlossenheit und mühte sich ab, keine Schwäche und kein Zögern zu zeigen.
Bis er endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, unten ankam und sich der glutäugigen Zahori zuwandte, die ihm voller Tatendrang entgegen kam.
„Die Pferde sind bereit!“ Meinte diese mit ihrer dunklen, melodiösen Stimme.
„Dann“, er reichte ihr freundschaftlich den Arm, „meine wunderbare Paloma, lass uns aufbrechen. Es ist ein wunderschöner Tag, um in Gesellschaft eines Freundes zu sterben.“
Mit einem umwerfenden Lächeln ergriff sie seinen Arm und folgte ihm Stolz. Keiner der beiden sah zurück, als sie die Scheune verließen.
Mit der tödlichen Eleganz, die nur einer Zahori zu Eigen sein konnte, strich Paloma über ihren Degen. „Und wehe dem, der sich uns heute in den Weg stellen möge.“
Phas nickte zustimmend. „Wie ein guter, alter Kamerad von mir wohl verkündet hätte: Wir werden Tsa nicht erfreuen, aber Kor wird sicherlich an uns Gefallen finden.“
Dann schwangen sie sich auf ihre zwei nachtschwarzen Shadif-Hengste und ritten entschlossen in die Morgendämmerung hinein.
Das hier ist etwas seltsam ...
Irgendwann hatte ich diese eine Szene im Kopf und wurde sie einfach nicht mehr los. Bis ich sie in Worte gefasst hatte.
8-)

Weiss immer noch nicht richtig, was zuvor kam und wie es weitergehen soll. Aber irgendwie passt sie wohl zu meiner momentanen Situation.
:nod:

Aber zumindest weiß ich, dass ich mich in die DSA-Region Almada verliebt habe. 


Sollte ich die eine oder andere Information aus DAS SCHWARZE AUGE hier falsch oder missverständlich verwendet habe, korrigiert mich bitte. Bin mich immer noch in diese Welt am einarbeiten.

Ach ja, und der Titel stammt daher, dass dies die Inspirationsquelle war:
www.youtube.com/watch?v=bxib1n…
© 2016 - 2024 Thereallobezno
Comments4
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Tutziputz's avatar
Sehr schön und lebendig geschrieben geschrieben! Besonders die Entschlossenheit, mit der sich der Held sich am Ende zu Aufbruch rüstet, wirkt sehr authentisch.

Auch die Situation - der kurze Moment der Ruhe zwischen zwei Stürmen - ist ausgesprochen gut und glaubwürdig dargestellt.

Allerdings ist dieser kurze Ausschnitt ob der Vielzahl an unterschiedlichen Personen und der ungeklärten, komplexen Situation etwas zu kompliziert geraten, um den Leser vollständig mitzunehmen.